Was bedeutet eigentlich A1, B2 & Co?

Wenn man eine Sprache lernt oder unterrichtet, definiert man die Nivaustufen in der Regel nach A1, A2, B1, B2, C1 und C2 nach dem GER.

Aber was bedeutet es eigentlich, wenn man ein bestimmtes Niveau hat?

Anscheinend sind die Bezeichnungen der Niveaus, wie sie auf Lehrwerken oder Kursangeboten stehen, für Teilnehmende oft sehr abstrakt und/oder verwirrend,und ich bin immer überrascht zu sehen, welchen Aha-Effekt ich damit auslösen kann, den Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER) zu erklären.
Vereinfacht gesagt geht es um kommunikative Fertigkeiten, die ein Niveau bestimmen. Die Frage dann nicht, ob man zum Beispiel alle Grammatik aus dem Buch gelernt hat oder wie akzentfrei oder fehlerfrei man spricht, sondern: kann ich ein kommunikatives Ziel erreichen? Und wenn ja, wie gut gelingt mir das?

Wenn ich mich zum Beispiel vorstellen möchte, sage ich auf A1-Niveau vermutlich so etwas wie: “Ich heiße Johanna. Ich komme aus Deutschland. Ich wohne in Köln. Ich bin Dozentin von Beruf. etc.”
Ich kann einfache Sätze bilden und klare Rückfragen verstehen und beantworten.

In B1 kann ich schon wesentlich mehr sagen: “Mein Name ist Johanna. Ich bin in einer kleinen Stadt aufgewachsen, aber seit 2001 wohne ich in Köln. Ich bin zum Studium nach Köln gekommen, und jetzt arbeite ich als Dozentin. etc.”
Ich kann Sätze verbinden, Gründe nennen, und auch weitere Informationen geben, wenn jemand fragt.

Im Niveau C1 fällt die Vorstellung schon ausführlicher aus: “Mein Name ist Johanna. Ich bin in einer Kleinstadt namens Vreden aufgewachsen, die ca. 60 km westlich von Münster direkt an der niederländischen Grenze liegt. Im Jahr 2001 habe ich mich entschlossen, in Köln Sprachen zu studieren und bin daher umgezogen. Da mir die Stadt sehr gut gefällt, bin ich dort geblieben und habe angefangen, als Dozentin für Sprachen zu abeiten. In dem Beruf bin ich immer noch tätig. etc.”

Natürlich lernt man auf dem Weg von A1 zu C1/C2 immer auch Grammatik und Vokabeln, aber sie sind nicht der Selbstzweck, sondern Werkzeug, das man braucht, um zu kommunizieren.


Wenn ich, um ein weiteres Beispiel zu nennen, auf die Frage, was ich am Wochenende gemacht habe, antworten möchte, brauche ich natürlich erst mal eine Struktur, die zum Beispiel Vergangenheit anzeigt. (A1/A2) Im Deutschen lernt man dafür das Perfekt, andere Sprachen haben natürlich andere Strukturen.

Womöglich möchte ich auch nicht nur meine Aktivitäten aufzählen, sondern etwas mehr berichten (Warum habe ich das gemacht? Mit wem? Wie war es? etc.), dann brauche ich dafür ebenfalls entsprechenden Wortschatz und Strukturen, damit die Kommunikation gelingt. (B1/B2) Vielleicht beantworte ich die Frage ja auch nicht während eines privaten Smalltalks, sondern schriftlich in einer Art Bericht an eine Reiseagentur, die mein Wochenende organisiert hat.

Und wenn ich mich auf einen wissenschaftlichen Vortrag zum Thema “Freizeitverhalten der Stadtbewohner im Wandel der Zeit beziehen möchte (den ich vorher gehört oder gelesen habe), brauche ich natürlich wieder andere sprachliche Mittel, wie man sie im akademischen Kontext findet. (C1/C2)

Die Mittel selbst sind, wie gesagt, in den einzelnen Sprachen unterschiedlich. Ebenso ist es ganz normal, dass man immer wieder “blinde Flecken” entdeckt und Fehler macht. Es gehört dazu, man lernt daraus.
Es ist auch möglich, unterschiedliche Niveaus in verschiedenen Fertigkeiten zu haben, wenn man zum Beispiel viel liest und schreibt, aber wenig spricht und hört, oder umgekehrt.
Im Übrigen haben auch nicht alle Muttersprachler*innen automatisch C2-Niveau, obwohl das die gängige Annahme ist. Sprachfertigkeit ist immer auch eine Frage der Übung, der Bildung und des Mutes.

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